In meinem Artikel „Die Gier nach Kohlenhydraten“ habe ich darüber berichtet, welche ungeheuren Mengen an Junkfood, Fastfood, Süßem und allgemein Kohlenhydraten bei den Essanfällen reingestopft werden. Worüber sich viele Menschen, die nicht betroffen sind oder waren, kaum Gedanken machen, sind die gravierenden Folgen auf der körperlichen und psychischen Ebene, die von den Essattacken und der Kompensation ausgelöst werden. 

Bulimie wirkt so harmlos auf Außenstehende. Ist es das wirklich?

Jeder, der schon mal wegen einer Magen-Darmgrippe oder anderen Gründen erbrechen musste, weiß, dass das zwar unangenehm ist, kann jedoch nicht nachvollziehen, was das mit einem macht, wenn das immer wieder passiert – Tag für Tag. Regelmässige Essattacken mit nachfolgendem Erbrechen oder anderer Kompensation des hochkalorischen Essens über längere Zeit (Jahre, oft Jahrzehnte) bleiben nicht ohne Folgen. 

Verdauungsstörungen

Auf der körperlichen Seite kann es zu Verdauungsbeschwerden kommen wie Verstopfung oder Durchfälle. Ein Reizmagen kann ebenso entstehen wie ein Reizdarm mit Völlegefühlen, (teils stinkigen) Blähungen und aufgedunsenem Bauch. Auch Magenkrämpfe sind häufig, da der Magen sich immer wieder extrem ausdehnen und beim Erbrechen stark zusammendrücken muss. In schlimmeren Fällen kommt es zu Magenblutungen und Magengeschwüren.

Durch das häufige Erbrechen kann es aufgrund der Magensäure zu Schädigungen an der Speiseröhre und der Zähne (vermehrtes Auftreten von Karies) kommen. Durch den hohen Druck beim Brechvorgang kann die Speiseröhre Risse bekommen. Zudem geht der Druck auf die Speicheldrüsen. Das kann zum Anschwellen und gar zu Entzündungen der Ohrspeicheldrüsen führen, was dann aussieht, als hätte die Betroffene Hamsterbäckchen. 

Störungen im Elektrolythaushalt

Durch Erbrechen und Abführen, das ebenfalls zu den kompensatorischen Maßnahmen bei Bulimie zählt, verliert der Körper Flüssigkeit und somit wichtige Elektrolyte, das sind Salze. Auf Dauer bringt das den Elektrolythaushalt durcheinander und das wiederum kann gefährliche Folgen für das Herz haben.

Der Herzmuskel braucht zum Beispiel Kalium, damit er reibungslos funktionieren kann. Tritt ein starker Kaliummangel auf, kann es zu lebensgefährlichen Herzrhythmusstörungen (=Kammerflimmern) kommen! Verstopfungen werden auch von Kaliummangel begünstigt. 

Erbrechen und häufig auftretende Durchfälle können einen so starken Flüssigkeitsverlust bewirken, dass die Nieren geschädigt werden und es zum Nierenversagen kommen kann.

Klingt das bis jetzt harmlos? Nicht, oder? Es geht jedoch noch weiter. 

Hirnschäden

Auch das Gehirn kann geschädigt werden. Ein Natriummangel (Stichwort Elektrolyte) kann ein Gehirnödem verursachen. Das sind Flüssigkeitsansammlungen, die Krampfanfälle hervorrufen, das Denkorgan schädigen und tödlich sein können.

Neuere Untersuchungen zeigen, dass Bulimie sogar einen beträchtlichen Verlust an Hirnsubstanz bewirken kann. Die geistige Leistungsfähigkeit geht dann zurück, was sich oft darin zeigt, dass Betroffene sich schlechter konzentrieren können, die Merkfähigkeit nachlässt und das Lernen schwer fällt.

Oben drauf können neurologische Ausfallerscheinungen auftreten, wie zum Beispiel kurz andauernde Lähmung, Schwäche oder Taubheit einer Körperhälfte, kurzes Erblinden auf einem Auge oder Sehstörungen (zum Beispiel Doppelbilder sehen, Einschränkung des Gesichtsfeldes) und kurzzeitige Sprachstörungen (d.h. Probleme, Sprache zu verstehen oder Störung der Sprachfähigkeit).

Gefährliches Abführen

Nun habe ich mehrmals das Abführen erwähnt. Ein Teil der Betroffenen kann aus verschiedenen Gründen nicht Erbrechen und behilft sich mit Abführen, um möglichst viel der Unmengen an Kalorien loszuwerden und nicht zuzunehmen. Das führt zu einem Medikamentenmissbrauch, weil Betroffene regelmässig Abführmittel und/oder harntreibende Mittel einnehmen. Und nein, die machen das nicht mit pflanzlichen Mitteln, die die Verdauung sanft anregen.

Abführmittel führen auf Dauer zu Schädigungen der Nieren, der Leben und des Darms, der sich chronisch entzünden kann. 

Unterschätzter Nährstoffmangel

Durch Erbrechen, Abführen, ständiges Fasten und einseitigem Essen bekommt der Körper zu wenig relevante Nährstoffe, was den Stoffwechsel herunterfährt, da die Schilddrüse darunter leidet. Ein Mangel an Aminosäuren, Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen tritt auf, der diverse und diffus wirkende Symptome der Mangelernährung hervorruft. 

Durch den Nährstoffmangel kann es zu einem Mangel an Östrogen kommen (Ausbleiben der Regel oder PMS). Ein Mangel an Östrogen, Kalzium und Vitaminen führen als Spätfolge gerne mal zu Knochenschwund.

Ein anhaltender Mangel an Aminosäuren und Vitaminen bewirkt immer, dass der Körper weniger Hormone, Neurotransmitter und Enzyme bilden kann, die absolut lebensnotwendig sind für unsere physische und psychische Gesundheit. 

Die ganze Mangelthematik wird noch begünstigt, wenn Betroffene zwischen Anorexie (Magersucht) und Bulimie hin und her schwanken oder – wie es oft passiert – zuerst Anorexie hatten, die irgendwann in die Bulimie überging.

Das waren nun erst mal nur die körperlichen Auswirkungen einer Bulimie. Es gibt eine ebenso lange Liste an psychischen Folgen, über die ich im nächsten Artikel berichte.

Liebe Angehörige, Partner und Freunde von Betroffenen, wenn ihr das lest: nehmt die Essstörung eures Familienmitglieds, der Partnerin oder Freundin nicht auf die leichte Schulter. Verharmlost das bitte NIE WIEDER. Und sagt NIE WIEDER: stell dich nicht so an, iss halt einfach normal. Glaubt ihr im Ernst, sie macht das freiwillig oder zum Spass?

bulimiefrei Jetzt wirkt

👉 Teilen erwünscht!

Quelle: Focus Gesundheit